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Verschlossen















                oder offen?










                   Wilfried Daims Parabeln (Hanne Baar)






        Aus: Hanne Baar in Christian Psy-   Mensch zunächst meist unbewusst,     Bild der Realität. Der falsche Gott
        chology  Around  The  World,  2,    angstvoll auf etwas fixiert hat, was   gibt zuerst, dann jedoch nimmt er
        2012, Seite 112 ff, Der gesamte     nicht Gott ist, und wodurch seine    mehr als er gibt, am Ende nimmt
        Beitrag von Hanne Baar „Geistlich   Innenwelt ein falsches Zentrum be-   er alles.  Die  Verzweiflung  bleibt
        Gesinnten Geistliches geistlich zu   kommt.                              nicht aus und führt uns, wenn es
        deuten“ kann hier gelesen werden:                                        gut geht, nach und nach wieder zu-
                                            Die beiden nachfolgenden Gra-        rück dahin, wo alles seinen rechten
                                            fiken (Daim 1951, Seite 132 und      Platz hat.
                                            134) zeigen, was diese Angst an-     Dagegen: Die innere Lebenswelt
        …  Besonders  geprägt  ist  mein    richtet, wenn sie einen Wert, kaum   desjenigen Menschen, der Gott
        Schreiben  und  Lehren  von  den    bewusst, mit absoluter Selbstver-    an seinem Platz lässt, ist wie eine
        Gedanken des Österreichers  Wil-    ständlichkeit zur Hauptsache des     Parabel, weit und offen. Der Ho-
        fried Daim ("Umwertung der          Lebens erhebt. Der Ausweg aus der    rizont des Menschen kann sich
        Psychoanalyse",  Wien 1951 und      Übermacht  solcher  Fixierungen      immer mehr ausdehnen. Der
        "Tiefenpsychologie und Erlösung",   (Komplexe und inneren Schwüre)       Mensch, die Person ist im Brenn-
        Wien 1954), der seinerseits an      ist  der  umgekehrte  Vorgang,  ein   punkt, empfängt das Licht  von
        Kierkegaard anknüpft.               tapferes, unbeirrbares "Ja" zu Got-  Gott her, und alle Dinge spielen ihr
        Daim erklärt die menschlichen       tes Willen, ein "Selbst dann" auch   die Schönheit, die Größe und die
        Inadäquationen    tiefenpsycholo-   in Krisen und Enttäuschungen,        Ordnungen Gottes wieder, weisen
        gisch so, dass durch unsere frühen   konkret, bewusst und ausdrücklich.  auf ihn hin. Die Dinge der Welt,
        Alles-nur-das-nicht-Schwüre eine                                         die Gegenstände unseres Lebens,
        konkrete Angst ins Zentrum des      Die Ellipse in Daims Grafik sym-     befinden sich an dem ihnen ange-
        Seelenlebens gerät, genau dahin,    bolisiert die Geschlossenheit eines   messenen Platz und erscheinen im
        genau auf den Platz, der allein Gott   Weltbildes, in dem nicht Gott im   rechten Licht, werden also als das
        gebührt.                            Zentrum steht. Es entsteht ein       erkannt, was sie sind. Und: Der
        Daim legt dar, dass das, was uns    scheinbarer Vorteil für die Person:   Mensch wirkt in angemessener
        kränkt und krank macht, im-         Ihr "Gott" wird greifbar. Der Nach-  Weise auf die Welt ein.
        mer darauf hinweist, dass sich der   teil ist die Verzerrung, ein verzerrtes



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